Habt ihr schon vom Fall Marta Russo gehört? Sie wurde am hellichten Tag erschossen. Verdächtigt wurden zwei Jura-Dozenten, welche in ihren Seminaren behauptet haben, dass ein perfekter Mord möglich ist. Und sie konnten deshalb nie richtig verurteilt werden, weil ihre these einfach stimmte: "Es ist unmöglich, einen Mord aufzuklären, wenn der Täter kein Motiv hat und wenn die Tatwaffe nie gefunden wird."
Die Ermittlungen im Fall Marta Russo gehören zu den aufwendigsten in der italienischen Geschichte. In den sechs Jahren bis zum jetzigen Urteilsspruch in dritter Instanz ermittelten 80 Polizeibeamte der Sonderkommission ausschließlich in diesem Fall. 231 Experten untersuchten den Hergang am Tatort, allein 45 Ballistiker versuchten, die Flugbahn der Kugel nachzuvollziehen. Die Fachleute schrieben Gutachten von insgesamt 5500 Seiten über den Tathergang.
Am 9. Mai des Jahres 1997, einem Freitag, wärmte eine bereits sommerliche Sonne den Campus der römischen Universität La Sapienza. Mehrere Tausend Studenten spazierten an diesem Vormittag zu ihren Fakultäten. Auch die blonde Römerin Marta Russo (22). Sie ging an der Seite ihrer Freundin Iolanda Ricci über den Hauptverbindungsweg der Universitätsstadt und besprach die Pläne fürs Wochenende. Die beiden Mädchen wollten zum Strand ins nahe gelegene Ostia fahren.
Später stellte die Polizei fest, dass Marta Russo um genau 11.34 Uhr an den Fenstern der juristischen Fakultät vorbeiging, hinter denen auf drei Stockwerken die Hörsäle vier, sechs und acht untergebracht sind.
In diesem Augenblick herrschte auf dem Campus ein ziemlicher Lärm. Zwei Linienbusse, die die Hochschule mit der Universitätsklinik verbinden, fuhren genau um 11.34 Uhr von der Haltestelle an der juristischen Fakultät ab. Ihre Dieselmotoren brüllten auf. Gleichzeitig rollte der Intercity aus Neapel in den nahe gelegenen Bahnhof Termini ein. Mehrere Studenten sagten später aus, dass sie sich an den gellenden Piff der Lokomotive erinnerten.
Es war also so laut, dass Iolanda Ricci später glaubwürdig aussagte, nichts Außergewöhnliches gehört zu haben, als Marta Russo neben ihr zu Boden fiel. Iolanda dachte zunächst, Marta sei gestolpert. Sie beugte sich über sie und versuchte, sie wach zu rütteln. Sie sah nicht das kleine, kaum blutende Loch an der Schläfe des Mädchens. Erst zwei Medizinstudenten, die zu Hilfe eilten, bemerkten, dass Marta Russo angeschossen worden war. Sie starb vier Tage später an ihren Gehirnverletzungen.
Alle Vernehmungen Iolanda Riccis ergaben nichts. Sie hatte keinen Schuss gehört. Und sie weiß deshalb auch nicht, woher der Schuss kam.
Italien war geschockt: Am helllichten Tage vor Tausenden von Zeugen konnte eine Studentin einfach so erschossen werden. Die Polizei glaubte, den Fall rasch lösen zu können. Die Sachverständigen kamen zu dem Schluss, dass der Mörder nur von den Hörsälen vier, sechs oder acht aus geschossen haben konnte. Ob sich zur Tatzeit in den Hörsälen vier oder acht jemand aufgehalten hatte, konnte die Polizei nicht klären. Nur im Hörsaal sechs befanden sich nachweislich vier Hochschulangestellte. Ihre Vernehmungen brachten nichts. Keiner von ihnen hatte Marta gekannt oder auch nur gesehen. Keiner hatte ein Tatmotiv. Und bei keinem fand man eine Waffe.
Aus Sicht der Experten war es auch möglich, dass der Täter sich im Freien verborgen hatte, wenige Meter von Marta entfernt, so dass Iolanda ihn nicht bemerkte. Die Polizei glaubte zunächst an einen Mord aus Eifersucht, aber auch diese Ermittlungen liefen ins Leere. Marta hatte keine Feinde gehabt, ihr Leben war ausgesprochen unspektakulär verlaufen.
Auf Anweisung des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi bildete die Polizei eine Sonderkommission mit 80 Beamten: Der Mord sollte um jeden Preis rasch aufgeklärt werden. Martas Begräbnis am 16. Mai geriet zum Staatsakt. Neben Prodi betrauerte der Minister für Bildung, Luigi Berlinguer, das Mädchen. Doch die Ermittler kamen nicht weiter.
Erst nach Monaten kam etwas Licht ins Dunkel. Zwei Studenten gaben der Polizei einen überaus interessanten Hinweis: Er betraf zwei jener vier Hochschulangestellten, die sich zur Tatzeit im Hörsaal sechs aufgehalten hatten - die Dozenten Giovanni Scattone und Salvatore Ferraro. Beide waren außergewöhnlich begabte junge Wissenschaftler. Sie arbeiteten in einem Seminar der Rechtsphilosophie an einer sehr interessanten Theorie. Und die lautete: Ein perfekter Mord ist möglich.
Giovanni Scattone pflegte seine Seminare mit dem Satz zu beginnen: "Es ist unmöglich, einen Mord aufzuklären, wenn der Täter kein Motiv hat und wenn die Tatwaffe nie gefunden wird."
Konnte es sein, dass zwei unbescholtene, überdurchschnittlich begabte Jura-Dozenten eine Studentin erschossen hatten, um eine Theorie zu beweisen?
lest weiter: http://www.abendblatt.de/daten/2004/01/08/248953.html
http://www.abendblatt.de/daten/2004/01/08/248954.html
Die Ermittlungen im Fall Marta Russo gehören zu den aufwendigsten in der italienischen Geschichte. In den sechs Jahren bis zum jetzigen Urteilsspruch in dritter Instanz ermittelten 80 Polizeibeamte der Sonderkommission ausschließlich in diesem Fall. 231 Experten untersuchten den Hergang am Tatort, allein 45 Ballistiker versuchten, die Flugbahn der Kugel nachzuvollziehen. Die Fachleute schrieben Gutachten von insgesamt 5500 Seiten über den Tathergang.
Am 9. Mai des Jahres 1997, einem Freitag, wärmte eine bereits sommerliche Sonne den Campus der römischen Universität La Sapienza. Mehrere Tausend Studenten spazierten an diesem Vormittag zu ihren Fakultäten. Auch die blonde Römerin Marta Russo (22). Sie ging an der Seite ihrer Freundin Iolanda Ricci über den Hauptverbindungsweg der Universitätsstadt und besprach die Pläne fürs Wochenende. Die beiden Mädchen wollten zum Strand ins nahe gelegene Ostia fahren.
Später stellte die Polizei fest, dass Marta Russo um genau 11.34 Uhr an den Fenstern der juristischen Fakultät vorbeiging, hinter denen auf drei Stockwerken die Hörsäle vier, sechs und acht untergebracht sind.
In diesem Augenblick herrschte auf dem Campus ein ziemlicher Lärm. Zwei Linienbusse, die die Hochschule mit der Universitätsklinik verbinden, fuhren genau um 11.34 Uhr von der Haltestelle an der juristischen Fakultät ab. Ihre Dieselmotoren brüllten auf. Gleichzeitig rollte der Intercity aus Neapel in den nahe gelegenen Bahnhof Termini ein. Mehrere Studenten sagten später aus, dass sie sich an den gellenden Piff der Lokomotive erinnerten.
Es war also so laut, dass Iolanda Ricci später glaubwürdig aussagte, nichts Außergewöhnliches gehört zu haben, als Marta Russo neben ihr zu Boden fiel. Iolanda dachte zunächst, Marta sei gestolpert. Sie beugte sich über sie und versuchte, sie wach zu rütteln. Sie sah nicht das kleine, kaum blutende Loch an der Schläfe des Mädchens. Erst zwei Medizinstudenten, die zu Hilfe eilten, bemerkten, dass Marta Russo angeschossen worden war. Sie starb vier Tage später an ihren Gehirnverletzungen.
Alle Vernehmungen Iolanda Riccis ergaben nichts. Sie hatte keinen Schuss gehört. Und sie weiß deshalb auch nicht, woher der Schuss kam.
Italien war geschockt: Am helllichten Tage vor Tausenden von Zeugen konnte eine Studentin einfach so erschossen werden. Die Polizei glaubte, den Fall rasch lösen zu können. Die Sachverständigen kamen zu dem Schluss, dass der Mörder nur von den Hörsälen vier, sechs oder acht aus geschossen haben konnte. Ob sich zur Tatzeit in den Hörsälen vier oder acht jemand aufgehalten hatte, konnte die Polizei nicht klären. Nur im Hörsaal sechs befanden sich nachweislich vier Hochschulangestellte. Ihre Vernehmungen brachten nichts. Keiner von ihnen hatte Marta gekannt oder auch nur gesehen. Keiner hatte ein Tatmotiv. Und bei keinem fand man eine Waffe.
Aus Sicht der Experten war es auch möglich, dass der Täter sich im Freien verborgen hatte, wenige Meter von Marta entfernt, so dass Iolanda ihn nicht bemerkte. Die Polizei glaubte zunächst an einen Mord aus Eifersucht, aber auch diese Ermittlungen liefen ins Leere. Marta hatte keine Feinde gehabt, ihr Leben war ausgesprochen unspektakulär verlaufen.
Auf Anweisung des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi bildete die Polizei eine Sonderkommission mit 80 Beamten: Der Mord sollte um jeden Preis rasch aufgeklärt werden. Martas Begräbnis am 16. Mai geriet zum Staatsakt. Neben Prodi betrauerte der Minister für Bildung, Luigi Berlinguer, das Mädchen. Doch die Ermittler kamen nicht weiter.
Erst nach Monaten kam etwas Licht ins Dunkel. Zwei Studenten gaben der Polizei einen überaus interessanten Hinweis: Er betraf zwei jener vier Hochschulangestellten, die sich zur Tatzeit im Hörsaal sechs aufgehalten hatten - die Dozenten Giovanni Scattone und Salvatore Ferraro. Beide waren außergewöhnlich begabte junge Wissenschaftler. Sie arbeiteten in einem Seminar der Rechtsphilosophie an einer sehr interessanten Theorie. Und die lautete: Ein perfekter Mord ist möglich.
Giovanni Scattone pflegte seine Seminare mit dem Satz zu beginnen: "Es ist unmöglich, einen Mord aufzuklären, wenn der Täter kein Motiv hat und wenn die Tatwaffe nie gefunden wird."
Konnte es sein, dass zwei unbescholtene, überdurchschnittlich begabte Jura-Dozenten eine Studentin erschossen hatten, um eine Theorie zu beweisen?
lest weiter: http://www.abendblatt.de/daten/2004/01/08/248953.html
http://www.abendblatt.de/daten/2004/01/08/248954.html